
19.00-20.30 Uhr
Sonntag, 05. Juni
Im Spiegelzelt, Public Viewing und online
Lesung
in deutscher Sprache

Senthuran Varatharajah
„Rot (Hunger)“ Roman.
Unsere Sprache der Liebe ist in ihrer äußersten Form nicht zuletzt auch kannibalisch: Man hat das geliebte Objekt „zum Fressen gern“ und möchten es „verschlingen“. Was aber, wenn daraus tödlicher Ernst wird? Ausgehend vom Fall des sogenannten „Kannibalen von Rotenburg“ im Jahr 2001 geht Senthuran Varatharajah in seinem Roman „Rot (Hunger)“ unserer Sprache der Liebe nach.
Am 9. März 2001 tötet der Computertechniker Armin Meiwes den Ingenieur Bernd Brandes und verspeist ihn in Teilen. Weltweit löst dieser Fall nicht nur Entsetzen aus, sondern auch Rätsel. Denn beide Männer handelten im gegenseitigen Einvernehmen und wollten die Einverleibung des Anderen, die jeder Sprache der Liebe zugrunde liegt. Auch „Rot (Hunger)“ wagt dabei das Äußerste: Der Roman erzählt in rekapitulierenden Rückblenden die Begegnung beider Männer als Liebesgeschichte – und verschränkt sie mit einer zweiten Liebesgeschichte. In dieser beleuchtet der Ich-Erzähler die schmerzhafte Geschichte seiner Trennung und dem Jahr danach. Beide Geschichten werden nach und nach zu einer – und die handelt von Menschen, deren Hunger nach Liebe unstillbar scheint. Oder ist womöglich die Liebe selbst per se unstillbar? „Rot (Hunger)“ ist insofern weniger ein klassischer Roman als eine, auch poetisch, verstörend intensive und verstörend radikale Meditation über die Natur und die Sprache unserer Liebe.
Senthuran Varatharajah, geboren 1984 in Jaffna, Sri Lanka, studierte Philosophie, evangelische Theologie und vergleichende Religions- und Kulturwissenschaft in Mabrurg, Berlin und London. 2016 erschien sein Debütroman »Vor der Zunahme der Zeichen«, der mehrfach ausgezeichnet wurde, so etwa mit dem 3Sat-Preis bei den 38. Tagen der deutschsprachigen Literatur in Klagenfurt, mit dem Bremer Literaturförderpreis 2017, dem Adelbert- von-Chamisso-Förderpreis 2017 und dem Rauriser Literaturpreis 2017. 2022 erschien sein zweiter Roman „Rot (Hunger) im S. Fischer Verlag. Senthuran Varatharajah lebt in Berlin.