Mittwoch, 09. Juni um 18 Uhr Lesung und Gespräch in deutscher Sprache


Mit seinem 2020 erschienenen Roman begleitet der Autor einen Obdachlosen auf den Münchener Straßen, zwischen Suppenküche und Kleiderkammer. Die Wohnung eines toten Bekannten könnte seine Rettung sein, doch auch der aus der Haft entlassene Kurt sucht eine feste Bleibe.
„Der Sandler“ erzählt von der Scham des sozialen Abstiegs, einer Scham, die Betroffene schweigen lässt. Im Zentrum der fiktiven Geschichte stehen Obdachlose; einer von ihnen Karl Maurer, der durch die Stadt mäandert. Manchmal wird er von den Bildern seines früheren Lebens eingeholt – von seiner Frau und seiner Tochter, der Zeit als Mathematiklehrer und dem Kind, das ihm vors Auto lief. Gleichzeitig durchstreift auch sein Freund Lenz die Stadt auf der Suche nach ihm. Lenz, ein Zettelschreiber und Utopist, merkt, dass es mit ihm zu Ende geht. Er will Karl seine unfertigen Notizen vermachen, und den Schlüssel zu seiner Wohnung, in der er aber nicht leben wollte. Lenz’ Tod ist ein Wendepunkt. Die Wohnung könnte Karls Chance sein, sein Leben wieder in den Griff zu bekommen. Gleichzeitig merkt Kurt, ein aus der Haft Entlassener, dass er sein Leben ändern muss. Auch er sucht eine Bleibe. Der Sprachlosigkeit der Obdachlosen setzt Markus Ostermair eine Sprache entgegen, die nicht wertet, nicht romantisiert oder voyeuristisch ist. Der Roman war im Herbst 2020 ein Überraschungserfolg. Der Autor erhielt zahlreiche Anfragen aus der Filmbranche sowie den Tukan-Preis der Stadt München für „Der Sandler“.
Markus Ostermair wurde 1981 in Tegernbach (Pfaffenhofen) geboren und lebt in München. Er studierte Literaturwissenschaft und arbeitet als Übersetzer, Texter, Lehrer für Englisch sowie für Deutsch als Fremdsprache. Die Obdachlosen-Szene lernte er während seiner Zivildienstzeit in der Münchner Bahnhofsmission kennen. Fortan ließ ihn das Thema nicht mehr los. Er nahm an der Bayrischen Akademie des Schreibens teil und erhielt diverse Stipendien und Förderpreise für seinen Debütroman „Der Sandler“.